Kleiner Kothof Nr. 20 — „Jörns" Lüneburger Straße 1
Nach Aufzeichnungen aus den, Nachlaß von Willi Werner, Hannover, ist der kleine Kothof Nr. 20 im Jahre 1598 im Besitz eines Martin Royers gewesen. Vermutlich hatte dieser einen Sohn gleichen Namens, da um die Mitte des folgenden Jahrhun-derts Hans Jürgens in diese Hofstelle einheiratet und die Witwe eines Martin Bayers zur Frau nimmt Aus diesem Hof ist offenbar auch der Bruder des Martin Royers hervorgegangen, der vor 1654 die Witwe des Hennig Fricke auf dem großen Kothof Nr. 50 (Walter Littek) heiratete.
Die aktenmäßigen Quellen über diesen Hof fließen reichlicher als bei vielen anderen Höfen in Immensen. Das hat nicht zuletzt seinen Grund in der Tatsache, daß mehrere Besitzer das Amt eines herrschaftlichen Vogts innehatten. Bis 1733 war dieses Amt mit dem des adeligen Gerichtsvogt gekoppelt. Nach Unstimmigkei-ten, über die in Zusammenhang mit Hof Nr. 40 zu berichten sein wird, wurden diese Posten jedoch getrennt. Vertreter der Landesherrschaft im Dorf war seitdem der Besitzer von der kleinen Kotstelle Nr. 20.
Aber nicht dieser erste herrschaftliche Vogt hat dem Hof den Namen „Jörns" gegeben, sondern bereits sein Großvater, der erste von den dreien, die den Namen Hans Jürgens trugen. Woher die Jürgens stammen, geht aus den Kirchenbüchern nicht hervor.
An den mit diesem Hof verbundenen Namensträgern kann besonders gut auf-gezeigt werden, wie hoch ehemals die Sterblichkeit in den besten Lebensjahren war. Hans Jürgens I. war viermal verheiratet, sein Sohn Hans Jürgens Il. zwar nur zweimal, seine Frau Margarete aber dreimal, wobei sie die vierte Frau eines Jakob Hübotter in Aligse war. Eine der häufigsten Todesursachen bei den Frauen war die des Kindbettfiebers, eine Infektionskrankheit, die auf mangelnde Hygiene zurückzuführen ist. Aber auch der Anteil der Tuberkulose-Toten war ehemals erstaunlich hoch.
Als die Jürgens-Linie auf dem Hof ausstarb, ging das Amt des herrschaftlichen Vogts für weitere drei Generationen auf die Harstrichs über, deren Name für 175 Jahre mit dem Hof verbunden war, bis sie von den Hattendorfs abgelöst wurden.
Wie wichtig die Rolle eines herrgchaftlichen Vogts war, ist uns aus mehreren Aktenstücken überliefert. Er war in erster Linie natürlich dafür verantwortlich, die herrschaftlichen Anordnungen im Dorf zur Geltung zu bringen. Dazu gehorte auch das Einziehen von Steuern.
(Auf diesem Hof war zeitweilig auch eine Zollstation!) Was aber war zu tun, wenn ein Hof „insolvent" war, die Gelder also nicht einzutreiben waren? Auch daruber liegen uns Nachweise vor. So hat sich Vogt Harstrich nach mehreren Mißernten um das Jahr 1770 als echter Vermittler zwischen den verschuldeten Hofbesitzern und der geldforde.rnden Kriegskanzlei in Hannover eingeschaltet und sich bemuht, für beide Seiten tragbare Lösungen zu finden. Das war keineswegs einfach. Das Amt pochte auf die Ablieferung der Steuern; Harstrich aber sah das Elend auf den Höfen, vor allem auf dem Smets-Hof Nr. 15, wovon in einem Brief zu lesen ist, „Wirth und Wirthin mit den Kindern gingen von einem Freundt zum andern, um ihr Leben hinzuhalten." Weder für Saat noch für Brot war auf diesem Hof mehr Korn vorhanden.
Sein Konkurrent im Dorf war Sattler Wilhelm Busse Zu einer wirklichen Rivalität scheint es aber nicht gekommen zu sein. Denn die weitaus meisten Bauern hegen bei Harstrich arbeiten, und Busse selbst holte sich von ihm Material. wenn es ‚hm ausgegangen war. Die Arbeiten, die Harstrich anfertigte. mussen solide und preiswert gewesen sein Denn sein Kundenkreis blieb nicht auf die Dorfer Immensen, Aligse und Sternwedel beschränkt, die zusammen ein Kirchspiel bildeten, sondern reichte im Norden bis nach Burgdorf und Heeßel, im Osten bis Edemissen, Arpke, Oterse. Schwüblingsen und Röddenserbusch bei Sievershausen, im Süden bis Haimar und Doggen und im Westen bis Lehrte und Kolshorn.
Quellen:
1. Akten des Nds. Hauptstaatsarchivs Hannover, Hann. 74 Burgdorf II, Nr. 19 73
2. Akten im Privatbesitz des Hofes
Besitzerfolge
Royers, Martin, um 1598
Royers, Martin, oo mit N. N., t 1664
Jürgens, Hans, 1637 - 1706, 00
1. mit der Witwe seines Vorgängers; oo
2. 1664 mit Dammann, Metta, aus Aligse, 1630 - 1678; oo
3. mit Ernst, Adelheid, aus Oldhorst, 1652 - 1730
Jürgens, Hans, 1670 - 1749, 00
1. 1697 mit Köneke, Margarete, aus Immensen, 1668 - 1734; oo
2. 1735 mit Bokemeier, Margarete, aus Immensen Nr. 9, 1678 - 1742, sie war vorher bereits
zweimal verheiratet gewesen und dabei die vierte Frau des Jacob Hübotter in
Aligse
Jürgens, Hans, 1698 - 1760, 00 1725 mit Fiene, Engel Margarete, 1702 1772, aus Gretenberg
Harstrich, Johann Dietrich, aus Mehr um, 1734 1796, oo 1 1/58 mit Jürgens, Ilse Margarete, 1728 1761; 00 2. 1762 mit Degenau, Cathai ine Dorothea, aus I let Ni. 42, 1/41 1803
Harstrich, Johann Barthold 1)&0, 1777 11358, oo 1798 mit Bertram, Ilse Marie, aus Aligse, 1/13 1825
Harstrich, Johann ("weil; Heini ich, 11103 1883, ihr mit Olkers, Ilse Mill II, Christine, 1/114 1866, Dm einzige Sohn stirbt Der Hof fällt an den Neffen
Harstrich, Heinrich (*weit.), 111:1(1 190 /, 186/ 11111 Kotkita, Sopim, I 'mim slot, au, I Io1 Ni 44, 1831i 1 9011
Harstrich, Georg Heinrich Friedrich 1873-1951
Hattendort Heinrich Konrad August aus Algesdorf